Sonntag, 27. April 2014

Die richtige Anleitung



In der letzten Zeit mache ich mir mehr und mehr Gedanken darum, wie man am besten anfängt, etwas Neues zu üben. Je komplexer es sein soll, umso gründlicher sollten auch die Vorüberlegungen sein und umso sinnvoller erscheint mir im Nachhinein eine gute Anleitung von Anfang an.
Wie ich bereits an anderer Stelle erwähnt habe, bin ich über meine Freundin und jetzt auch Reitlehrerin Kathrin auf diese Arbeit aufmerksam geworden. Aber ich habe mich nicht gleich tiefgehend damit beschäftigt, sondern zuerst alles sacken lassen. Dann, einige Zeit später, als ich bei der Arbeit mit Salut nicht mehr recht weiter wusste, weil ich stumpfes Ziehen und Treten nicht wollte und sanftere Wege nicht so richtig fruchteten, habe ich zum ersten Mal selbstständig angefangen, mir über die Arbeit mit dem Pferd Gedanken zu machen. Mit selbstständig meine ich nicht, dass ich selber Konzepte erarbeitet habe. Ich meine vielmehr, dass es keinen Anstoß durch eine andere Person brauchte, nach dem Motto: „Ich geh zu dem Kurs, komm doch mal mit“ und ich dann wie in der Zeit meiner ersten Reitbeteiligung irgendwie zum Mitläufer geworden bin. Ich meine, ich habe mir Literatur besorgt und gelesen und dann versucht, das gelesene umzusetzen. Das Buch, das ich erwischt hatte, beschäftigte sich mit Bodenarbeit. Anhand vieler Bilder und detaillierter Anleitungen war alles ganz gut erklärt, sodass ich mich getraut habe, das auch auszuprobieren. Und es hat auch geklappt, wir konnten losgehen und stehen bleiben, die Richtung wechseln, die Hufschlagfiguren und auch traben. Als nächstes ist mir eingefallen, dass es ja auch die Lehrvideos von Bent Branderup noch gibt. Also hab ich mir die angesehen – nicht alle natürlich, sondern erstmal die, bei denen ich mich einordnen konnte – und auch hier wieder versucht, das gelernte umzusetzen. Im Wesentlichen war das das Schulterherein. Und auch da meinte ich, Erfolg gehabt zu haben. Hätte mich zu dem Zeitpunkt jemand gefragt, wie gut ich unsere Arbeit einschätze, ich hätte voller Überzeugung gesagt, dass wir es drauf haben.
Und heute, mehr als 3 Jahre später?
Auf die gleiche Frage würde ich sagen, dass ich verstanden habe, worum es geht und auch prinzipiell wie. Dass mein Pony und ich aber noch viel zu lernen haben, dass Saluts und meine körperlichen Grenzen auch unserer Arbeit oft im Wege stehen und dass die Arbeit, auch wenn es für andere wohl nicht sichtbar ist, trotzdem gute Früchte getragen hat. Ein Beispiel dafür könnt ihr im vorherigen Post lesen. Nun kommt das, worauf icheigentlich hinaus will: Ich glaube, mehr Erfolg hätten wir gehabt, wenn ich direkt mit einer guten Anleitung in die neue Reitkunst gestartet wäre. Bücher und Lehrvideos können noch so gut sein. Aber sie vermögen nicht, den Blick für kleine Dinge zu schulen, für Details, auf die zu achten wichtig ist.
Was meine ich genau?
Stellung und Biegung, zum Beispiel. Ich hatte immer eine Vorstellung davon, was das ist und auch in den Büchern und Videos wurde darauf eingegangen. Aber dann am echten Pferd zu erkennen, ob das nun die richtige Bewegung ist oder nicht, dazu hätte es zumindest bei mir mehr Erklärung bedurft. So kam es, dass ich lange vor mich hin gearbeitet habe und dachte, alles sei ok und jetzt, wo ich mit Kathrin zusammen die Bewegungen verfeinern und weiterentwickeln, die Hilfen miteinander kombinieren möchte, zurück zur Basis muss, weil ich die damals nämlich nicht „richtig genug“ erarbeitet habe.  Und mein armes Pony muss nun auch schon wieder ein Stück weit neu lernen. Was wir beide dachten zu beherrschen wird wieder zur Herausforderung, wenn ich es in korrekter Stellung und Biegung verlange.  Dann fehlt es an Kraft und Koordination, vielleicht auch an Verständnis dafür, warum es denn nun doch bitte anders sein soll.
Eine ganze Weile später – dann schon mit Unterricht – ist mir das gleiche nochmal passiert: Wir haben begonnen, an der Schulparade zu arbeiten, aber wieder die Basis außer Acht gelassen. Salut stand wie sie wollte und wurde belohnt, wenn sie ihr Gewicht nach hinten verschob. Aber ohne eine gute Biegung kann keine gute Schulparade entstehen. Was ich damals nicht gesehen habe macht es mir heute schwer, die Parade richtig zu geben: Salut stellt das innere Hinterbein, besonders wenn es das rechte ist, nach hinten raus, rotiert im Brustkorb nach außen und verschiebt in Folge dessen ihr Gewicht auf die äußeren Beine. Eine Parade soll aber helfen, das Gewicht auf das innere Hinterbein zu bringen. Die Schulparade sieht zwar auch als eigenständige Lektion toll aus, aber sie soll die Reaktion auf eine Parade im Stehen und der Bewegung schulen. Und eine Parade soll das Pferd dazu veranlassen, die Hinterhand mehr einzusetzen, mehr Gewicht mit dem inneren Hinterbein zu tragen und sich dadurch mehr aufzurichten. Wo ich dachte, schon recht weit zu sein, fange ich jetzt wieder an, pingelig darauf zu achten, welches Bein vorne steht, dass das Gewicht nicht schon bei den Schultern anfängt, nach außen geschoben zu werden und der Brustkorb schön innen runter geht.
Ich war besonders im letzten halben Jahr öfter darüber betrübt, dass andere Pferde schneller lernen als meins. Aber ich glaube nun, dass viele Schwierigkeiten durch fehlende Anleitung in den Anfängen selbst gemacht sind. Diese Erkenntnis, zusammen mit der Tatsache, dass wir ja trotzdem zusammen schon einiges erarbeitet und verbessert haben, hat mir geholfen, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Es gibt viele Wege zu lernen. Meiner ist der, den ich keinem empfehlen möchte, der aber dennoch recht effektiv ist: Aus Fehlern. Allen anderen möchte ich ans Herz legen, sich von Anfang an helfen zu lassen, wenn sie etwas neues erarbeiten möchten. Erst nach einer gründlichen Blickschulung ist es möglich, eigenständig Dinge zu erarbeiten. 

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