Lang lang ist es her, dass ich das letzte Updates gegeben habe. Mir fehlte die Zeit. Heute habe ich sie - wo hat man mehr Zeit als in der Notaufnahme des Krankenhauses?
"Notaufnahme" ist eigentlich ein guter Überbegriff für einen pferdemäßig eher miesen Sommer. Nachdem sich ja alles ziemlich gut angelassen hatte mit meinem kleinen Neuzugang, wurde er im Mai plötzlich immer wilder, riss sich gerne mal los, hörte nicht zu. Obwohl man ja meinen sollte, dass die ganztägige Weide mit all den Spielkumpels ihm genug Gelegenheit zum Toben gibt. Aber er ist ein junges Pferd, das ist normal, sagte ich mir.
Dann fing er an, sich zu scheuern. Den Schweif, die Mähne, den Schopf, das Gesicht. Pilz, sagte die Tierärztin, Sommerekzem, sagten die Experten am Stall. Ganz konventionell habe ich also angefangen, gegen Pilz zu waschen. Das war eine nachhaltig starke Prüfung für unsere noch frische Beziehung, denn der Eroberer mag Lappen im Gesicht gar nicht. Folglich wurde er noch unwilliger in der Zusammenarbeit.
Nach der Pilzbehandlung wurde aber nichts besser, eher noch schlimmer. Immer mehr von der schönen langen, dichten Mähne fiel dem Jucken anheim, brach ab. Immer mehr blutige Stellen taten sich auf. Also gab es eine Ekzemerdecke für das Pferd und jede Menge gute Ratschläge für mich. Sommerekzem - mein Horror! Verschiedene Leute rieten zu den unterschiedlichsten Präparaten zum Schmieren, waschen, füttern. Jeder wollte, dass ich sein Heilmittel gleich ausprobiere. Zusätzlich hatte ich ja selber auch nachgelesen und um Rat gefragt und sowas wie einen groben Plan gemacht. Ich war und bin noch dankbar für all die gut(gemeint)en Ratschläge. Trotzdem muss ich auch ehrlich zugeben, dass mich deren Umsetzung geistig überfordert hat. Ich wollte nicht alles durcheinander ausprobieren, aber auch niemanden vor den Kopf stoßen. Ich wollte Conqui nicht mit zu vielen Mitteln belasten, aber eine schnelle Lösung. Der Arme hat wirklich gelitten, sah immer fertiger aus, guckte trauriger - und genauso fühlte ich mich auch.
Die beste Hilfe war tatsächlich die Decke, die er auch schnell liebte. Trotzdem, der Juckreiz blieb und damit auch die Notwendigkeit zur weitern Hilfesuche.
An einem Tag hat es ihn so doll geguckt, dass er sich beim Schlagen mit dem Kopf einen Schneidezahn abgebrochen hat.
Was ich probiert habe:
Das Ökozon-Paket
Baby-Wundschutzcreme
Beta-Isodonna
Wiemerskamper Pflegeöl
Kokosöl
Calafea
Aldilotion mit und ohne BBC
Hautpflegeöl von Leovet
Tägliches oder 2tägliches Waschen mit klarem Wasser
Aus der Globuliapotheke Apis, Ledum und Staphisgria
Mineralfutter, Zink und Kräuter
Gladiator plus
Und zum Schluss, als es trotz allem immer schlimmer wurde, habe ich einfach aufgehört, etwas zu machen (nur Mineralfutter, Zink und verschiedene Kräuter gibt es noch). Ich habe nur noch Decken regelmäßig geflickt und gewaschen und abgewartet. Und siehe da, das Scheuern ließ nach. Es hat wohlgemerkt nicht aufgehört, nur nachgelassen, aber das war schon eine enorme Erleichterung für Mensch und Pferd. Weniger Schmieren bedeutete weniger Zeitaufwand, weniger Stress (denn auch das mag der Herr gar nicht) und auch weniger Kosten.
Mein Fazit am Ende der Scheuersaison: Die Mähne ist komplett ab, der Schopf nur noch dünn, aber der Schweif sieht ok aus. Die Bauchnaht heilt (hatte er sich vor Jucken auf getreten und gebissen), aber die Schlauchtasche sieht noch ziemlich mitgenommen aus. Mein Pferd lässt sich nicht mehr einfach so im Gesicht anfassen und schon gar nicht, wenn man etwas in der Hand hat. Weglaufen hat er perfektioniert. Kratzen ist als Belohnung ebensogut wie Leckerchen, er legt sich auf Kommando ab (meistens jedenfalls), hat aufgehört zu scharren, schnappt aber nach der Hand. Ich bin noch ein bisschen ärmer und noch immer ziemlich ratlos. Ich habe den Verdacht, dass Conqui nicht nur Stiche der Kriebelmücke nicht verträgt, sondern auch Bestandteile der Cremes und vielleicht bestimmte Futtersorten.
Im Winter werden wir einen Allergietest machen, vor der Weidesaison nochmal das Immunsystem pflanzlich stärken und Leber und Nieren entgiften. Er wird nächstes Jahr direkt mit Decke auf die Wiese kommen und zu den kritischen Zeiten wieder in den Stall gehen. Ich werde Waschen mit Meersalz und Einschmieren mit Olivenöl ausprobieren. Und Stress vermeiden. Drückt mir die Daumen.
Währenddessen bei Salut......
Die Prinzessin kam leider dank der vielen Sonderarbeit in diesem Sommer etwas kurz. Für Unterricht war kein Geld mehr übrig. Dann fing sie an zu husten. Ich bin kein Fan von der dicken Chemiekeule und habe sie daher mit pflanzlichen Mitteln behandelt. Nach etwas mehr als 2 Wochen war der Husten vorbei. Sie hatte zum Glück keinen Tag lang Fieber und hat immer hochmotiviert bei allem mitgemacht. Wenn ich ehrlich bin, wurde der Husten meiner Meinung nach weder von Bakterien verursacht, noch von Medikamenten geheilt. Wir hatten staubiges Stroh, das wohl auch mal etwas schimmelig war. Leider lässt sich sowas nicht immer verhindern, wenn man keinen eigenen Stall hat, aber seit dem Husten habe ich noch pingeliger auf Boxenhygiene geachtet.
Letzte Woche hatten wir endlich mal wieder eine schöne Reitstunde bei Kathrin und insgesamt ist Salut sehr gut drauf. Sie hat auch eine neue Reitbeteiligung seit Juni. Maurice, der sie sehr lieb hat. Das ist aber eine andere Geschichte.
Ich habe inzwischen meine Seelenruhe wieder gefunden, gelernt, mehr auf meine Intuition zu hören.
Jetzt muss ich aber wohl noch erklären, was ich in der Notaufnahme mache.
Nachdem mir von vielen Seiten geraten wurde, für mein gefährliches Pferd einen Trainer zu engagieren und da ich gegen das Weglaufen auch selber keine fruchtbaren Ideen mehr hatte, kam letzte Woche Donnerstag endlich ein Horsemanship-Cowboy. Er hat wirklich schön mit Conqui gearbeitet, ich habe mein Teufelchen selten so aufmerksam erlebt. Dann aber wollte er (der Cowboy) mir demonstrieren, wie er das Weglaufen verhindert. Ich sollte mit dem Strick in der Hand das Pferd sein, das Gas gibt. Ein Ruck am anderen Ende brachte mich zum Stehen - und meinen Stinkefinger zum Brechen. So verbrachte ich bereits letzte Woche 5 Stunden in der NA und heute eben noch ein paar.
Ironie des Schicksals, dass der Trainer schaffte, was das junge, wilde Pferd in dem halben Jahr davor nicht getan hat.
Aber sonst ist alles gut.